Gemeinschaftliche Wohnformen und Pflegewohngruppen

 

zu Memorandum

a) Gemeinschaftliche Wohnformen

Gemeinschaftliche Wohnformen sind eine Alternative zum Alleinleben und zum Heim. Jede Bewohner/in verfügt über eine möglichst barrierefreie, abgeschlossene Wohnung. Zusätzlich gibt es Gemeinschaftsflächen/Räume für die Kommunikation und Aktivitäten der Hausbewohner/innen, wie Haustreffen, gemeinsames Kochen oder Essen, Familienfeste etc.

Die Präventivfunktion dieser Wohnform ist enorm, da ein befriedigendes soziales Umfeld und eine aktive Nachbarschaft der beste Schutz gegen Vereinsamung sind.

Diese Wohnform ist für diejenigen geeignet, die die notwendige Eigeninitiative ergreifen und die erforderliche Selbstverantwortung aufbringen, um sich in einem gemeinschaftlichen Lernprozess soziale Kompetenzen anzueignen, die den Erfolg eines solchen Zusammenlebens absichern.

Die Größe eines Projekts sollte den konzeptionellen Vorstellungen der jeweiligen Initiativ-Gruppe entsprechen. Es gibt Projekte zwischen 6 und 40 Wohneinheiten. Es kann sich um ein gefördertes Wohnprojekt, um ein freifinanziertes Miet- oder Eigentumsprojekt oder um ein daraus kombiniertes, mischfinanziertes Wohnprojekt handeln. Wenn nur ein Drittel der Bewohner/innen älter als 60 Jahre ist, sind Austausch und unterstützende Hilfe eher möglich als in einer Hausgemeinschaft nur für ältere Menschen, in der alle evtl. gleichzeitig pflegebedürftig werden können. Die Bewohner/innen können aus den unterschiedlichsten sozialen und kulturellen Zusammenhängen kommen und mit den vielfältigsten Lebensbiografien ausgestattet sein; sie müssen aber zueinander passen.

b) Pflegewohngruppen

Auch Bewohner/innen in gemeinschaftlichen Wohnprojekten wissen, dass die Aufrechterhaltung ihrer individuellen Lebensführung in ihrer eigenen Wohnung nicht in jedem Fall sicher ist. Daher ist die Idee entstanden, separate Pflegewohnungen in Wohnprojekte oder in Nachbarschaften zu integrieren, in denen die Betroffenen von ausgebildetem Pflege- und Hauswirtschaftspersonal unterstützt werden, so dass sie sich weiterhin in ihrem gewohnten Umfeld aufhalten können. Es gibt verschiedene Modelle:

  • Alternative ambulante Pflege-Wohngruppen innerhalb eines gemeinschaftlichen Wohnprojektes, die auch als Angebot für die Nachbarschaft mit Pflegeoder Tagespflegeplätzen angeboten werden.
  • Alternative ambulante Pflegewohngruppen, eingestreut in die Nachbarschaft, z.B. in einem eigens zu diesem Zwecke eingerichteten Haus oder auf einer Etage in einem größeren Mehrfamilienhaus.
  • Heimangebundene Außengruppen in Wohnprojekten für Demenzbetroffene.
  • Ambulante Pflegewohnprojekte in Wohnhäusern für demenziell Erkrankte.
  • Wohnprojekte, die direkt konzeptionell darauf ausgelegt sind, Pflegebedürftige und nicht Pflegebedürftige in einem Haus unterzubringen.

Kleine Pflegewohngruppen können die Bereitschaft von Angehörigen stärken, sich weiterhin in den Versorgungsprozess einzubringen. Die Betroffenen sollen ihre sozialen Bezüge, so gut es geht, behalten. Nachbarschaftliche Kontakte müssen bei dieser Form des Wohnens nicht abbrechen. Vor allem für von Demenz betroffene Menschen sind Pflegewohnprojekte eine große Chance individueller ganzheitlicher Unterstützung. Ein normales Leben mit Alltagskultur und sinnvollen Tätigkeiten sowie normaler Kommunikation mit vertrauten Bezugspersonen ist möglich. Auf diese Weise kann ein menschenwürdigeres Altern und eine Entlastung der Angehörigen bei Bereitwilligkeit zur Fortsetzung ihrer Unterstützung erzielt werden. Die Größe und die Ausstattung der Wohnung richten sich nach dem Grad der Pflegebedürftigkeit der einzelnen Betroffenen.

Forderungen:

  1. Land und Kommunen sollen sich gleichermaßen an der Schaffung bzw. Unterstützung von innovativen Projekten beteiligen. Denkbar ist eine Koppelung der Fördermittel an eine Verpflichtung zur schnellen Umsetzung.
  2. Wohnprojekte für ältere und/oder pflegebedürftige Menschen sowie generationsübergreifende Gruppen müssen in Stadt- und Pflegeplanung stärker berücksichtigt werden.
  3. Eine kompetente, kostenlose Beratung der Projektgruppen muss sichergestellt sein. In diesem Zusammenhang ist auch die weitere Absicherung der Regionalstellen “Neue Wohnformen im Alter” Rheinland und Westfalen erforderlich.
  4. Die Wohnprojekte sollen sich an normalen Wohn- und Lebensbedingungen orientieren. Neben Individualflächen müssen Gemeinschaftsflächen vorgesehen werden.
  5. Die Belegung muss in Kooperation zwischen den Beteiligten (Wohngruppe, Eigentümer/Vermieter, öffentliche Verwaltung) vorgenommen werden.
  6. Ein Wohnprojekt soll so geplant und organisiert werden, dass es für alle bezahlbar ist. Eine mögliche Unterstützung der Finanzierung (Steuern, Fördermittel) der Gemeinschaftsflächen im frei finanzierten Wohnungsbau ist erforderlich.
  7. Das Heimgesetz darf die Entwicklung neuer Wohnformen nicht behindern.
  8. Wer sich für die Verbesserung der Versorgung alter Menschen einsetzt, benötigt Unterstätzung in Form von Beratung und finanzielle Förderung bei der Umsetzung innovativer Projekte. Abrechnungsprobleme mit den Sozialhilfeträgern und Krankenkassen müssen ausgeschlossen werden. Kostenträger und Wohnungswirtschaft müssen in die Diskussion und Finanzierung der neuen Projektmöglichkeiten einbezogen werden.
  9. Innovative Wohnprojekte und Pflegemöglichkeiten im Bestand müssen gefördert werden, damit die Bewohnerinnen und Bewohner in der angestammten und vertrauten Umgebung verbleiben können.
  10. Dem großen Bedarf an Information, Austausch und intensiver Auseinandersetzung zu diesem Thema in Politik und Gesellschaft muss Rechnung getragen werden.