Wohnberatung und Wohnungsanpassung

zu Memorandum

“Fünfundneunzig Prozent der über Fünfundsechzigjährigen leben in Privatwohnungen. Viele dieser Wohnungen sind aber nicht altersgerecht gestaltet und ausgestattet… Wir brauchen mehr Wohnberatung, mehr altengerechte Wohnungen und mehr ambulante Hilfen für einen Lebensabend im eigenen Zuhause, denn das ist ein wichtiger Baustein für ein selbstbestimmtes Alter.” Bundespräsident Johannes Rau am 24.10.2002 bei der Jubiläumsveranstaltung des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) in Köln.

In Folge des demographischen Wandels müssen alle Hilfen ausgebaut werden, die ein selbständiges Leben älterer Menschen in der eigenen Häuslichkeit unterstützen. Die Möglichkeiten der Wohnberatung und Wohnungsanpassung sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Durch Ausstattungsverbesserungen, Hilfsmitteleinsatz und Umbaumaßnahmen können Wohnungen den individuellen Bedürfnissen älterer Menschen angepasst werden. Wohnungsanpassung erhöht die Lebensqualität, erleichtert die Alltagsarbeit, hilft bei der Unfallvermeidung und ermöglicht die häusliche Versorgung bei Krankheit und Pflegebedürftigkeit. Ist die Anpassung der eigenen Wohnung nicht möglich, gehört auch die Unterstützung eines Wohnungswechsels zu den Aufgaben der Wohnberatung. Denn nur wer dem Alter und dem Gesundheitszustand angemessene Wohnbedingungen hat, kann auch am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben teilnehmen.

Der Nutzen von Wohnberatung und Wohnungsanpassung durch fachkundiges Personal ist unumstritten. Die Schaffung altersgerechter Wohnbedingungen zu Hause erhöht und sichert die Selbständigkeit und die Lebensqualität. Das hilft nicht nur den Betroffenen und ihren Angehörigen. Wohnberatung entlastet die Krankenkassen durch Unfallvermeidung und die Pflegekassen erheblich, weil sie häusliche Pflege ermöglicht oder erleichtert und die Pflegenden entlastet. Sie dient dem Sozialwesen, weil sie hilft, Einzüge ins Heim zu vermeiden. Sie nutzt der Wohnungswirtschaft, weil sie Wohnprobleme der Mieterinnen und Mieter lösen hilft. Diese und andere Effekte wurden jahrelang erforscht und ausführlich dokumentiert. Der Bedarf an Wohnberatung wird auch weiter zunehmen. Flächendeckende Wohnberatung gibt es in keinem Bundesland; Nordrhein-Westfalen könnte hier eine beispielhafte Funktion erfüllen. Die dafür erforderlichen Strukturen können auf der Basis vorliegender Erfahrungen und Konzepte weiter entwickelt werden.

Forderungen:

  1. Das Wohnberatungsangebot in ganz Nordrhein-Westfalen ist flächendeckend auszubauen. Alle Bürgerinnen und Bürger im Land müssen die Leistungen mindestens einer Wohnberatungsstelle in ihrem Kreis oder ihrer kreisfreien Stadt in Anspruch nehmen können. Vorliegende Berechnungen zeigen, daß dieser Ausbau der Wohnberatung auf Grundlage der jetzigen Beratungsangebote mit vertretbarem finanziellen Aufwand möglich ist.
  2. Die Beratung muss für die Ratsuchenden kostenlos und ohne bürokratische Hindernisse angeboten werden. Denn der ökonomische, sozial- und gesundheitspolitische Nutzen der Wohnberatung ist am höchsten, wenn sie von möglichst vielen Menschen in Anspruch genommen wird.
  3. Informationsaustausch, Qualifizierung und Kooperation sollen gefördert werden, damit die Beratungsstellen die vorhandenen Qualitätsstandards erfüllen können. Diese sollen von allen Beratungsstellen in nahezu gleicher Weise erfüllt werden und garantieren den Ratsuchenden, dass sie eine verlässliche und gute Hilfe bekommen.
  4. Die Finanzierung der Wohnberatung muss durch die Institutionen gesichert werden, die von der Beratungsarbeit profitieren. Das sind neben den Kommunen und Kreisen auch die Kranken- und Pflegekassen sowie die Wohnungswirtschaft. Die Beratungsstellen müssen finanziell abgesichert sein, damit sie ihre Aufgaben erfüllen können.

¹ vgl. Größenstandards für Wohnberatungsstellen, www.kreuzviertel-verein.de, dort unter Wohnberatung und Entwicklung